Räucherfischtour Juli 2024

Schall und Rauch                                          13.7.2024

Räucherfischtour des RT28

Wir betreten das Restaurant „Brücke“ in Hooksiel, das von außen einem Schiff nachempfunden wurde, über eine breite Treppe am hinteren Teil. Im Ohr haben wir noch den Schall unserer V8- und Reihen-sechszylindermotoren, der sich auf der Toilette fortsetzt. Allerdings wirkt die Beschallung so, als würde sich der basslastige Sound unserer Motoren in eine harmonische Melodie umwandeln. So können wir entspannt an der langen Tafel Platz nehmen. Schon beim Betreten des Restaurants haben wir den Rauch in der Nase, der sich aus einem der Schornsteine an „Bord“ erhebt als Zeichen, dass hier etwas im Ofen passiert.

Jetzt erkennen wir die großen schwarzen Öfen, die mit ihren rußgeschwärzten Türen fast wie der Eingang zur Hölle wirken. Steil nach oben ragen die Schote und lassen den typischen Räuchergeruch entweichen. Vor dem Ofen steht im Fischerhemd und mit wirren grauen Haaren der Räuchermeister und öffnet beide Türen, hinter denen sich die Räucherware befindet. Wie tote Schlangen, schwarz glänzend, hängen die Aale in Reih und Glied, während die anderen Fische auf Schubladen wohlgeordnet nach Sorten liegen. Mit geschickten Bewegungen greift sich der Meister einen Aal und zerlegt ihn fachmännisch mit einem langen scharfen Messer, mit dessen geschliffener Klinge man besser nicht in Berührung kommen möchte. Zack ist die Haut weg, zack die Gräte, zack zwanzig Stücke abgeschnitten und wir können den wohltemperierten Aal probieren.

Was für ein Geschmack, was für eine Konsistenz auf der Zunge und am Gaumen! Ein einzigartiger Genuss! So geht es weiter mit Stremellachs, Buttermakrele, Nordseemakrele und schwarzem Heilbutt. Nach dieser geschmacklichen Einführung kann das Essen beginnen und wir können noch einmal zurückblicken auf diesen Tag, der auf der A 28 Richtung Hude begann. Ein bisschen viel Rot, so die Bemerkung einer Teil-nehmerin über die 4 roten SL, aber der Rest eine bunte Mischung. Nur das Grau am Himmel stört etwas in diesem Farbenspiel. Wir vermissen das Nauticblau oder das Classicweiß am Himmel. So bleiben die Dächer erstmal geschlossen. Unsere Fahrt geht über Hude vorbei an vielen alten Bauernhöfen, teils reetgedeckt, nach Berne, unserer ersten Station. Es ist die Storchenpflegestation in Berne-Glüsing, auf der über 100 Weißstorchenpaare nisten und ihren Nachwuchs aufziehen. Seit über 30 Jahren kümmert sich das Ehepaar Hilfers um Störche, die verletzt wurden durch Beinbruch, Flügelabriss, Unterernährung etc. Die Pflegestation ist auch gleichzeitig Altersheim für diejenigen Störche, die nicht mehr fliegen können oder ihre Nahrung durch Einbeinigkeit oder Verlust beider Beine nicht mehr bewerkstelligen können. In ganz Europa gibt es gibt nur sehr wenige dieser Pflegestation und diese helfen, den Bestand der Störche,
die fast vom Aussterben bedroht waren, aufrecht zu erhalten und zu vermehren.

Wir lernen sehr viel über das Flugverhalten der Jungstörche, über Reiserouten nach Afrika und über den Nestbau. Eine junge Frau kommt mit einem verletzen Storch, der in der Nähe gefunden wurde, vorbei. Wir begleiten die Aufnahmeuntersuchung und erkennen den Flügelbruch, weswegen der Storch nicht mehr fliegen konnte. Wir können am Bauch den schnellen Puls spüren und das Gefieder begutachten. Natürlich begegnen wir auch hier den Folgen des Klimawandels. Es ist der Starkregen, der den Störchen zu schaffen macht. Durch ihre besondere Materielauswahl erlangt das Nest manchmal eine Beschaffenheit wie Beton. Da bei Starkregen das Wasser nicht abfließen kann, schwimmen die Eier im Wasser, die Brut verendet. Somit kommt der Drainage der Nester inzwischen eine immer wichtigere Rolle zu. Voll mit neuen Erkennt-nissen und bei strahlend blauem Himmel öffnen wir die Verdecke und starten die Weiterfahrt nach Varel zum Hafen.

Schon nach wenigen Kilometern, hinter uns noch weiße Quellwolken, die sich zu bizarren Gebirgen auf-türmen, sehe wir vor uns einen Vorhang von dunklen bis anthrazitfarbenen Wolken, die sich zu einem immer dichter werdenden Gebilde zusammenziehen.
Wir schaffen es gerade noch, den Parkplatz einer geschlossenen Schankwirtschaft zu erreichen, um unsere Dächer zu schließen, da prasselt es auch schon los und die Scheibenwischer müssen ganze Arbeit leisten, um die Wegstrecke noch zu erkennen.

Wir erreichen den Vareler Hafen bei Sonne. Friedliche Stimmung, ein Eis in der Tüte, eine gedankliche Pause oder einen Einkauf im Outlet Store. Dicht gedrängt stehen unsere Fahrzeuge auf einem privaten Parkplatz eines Bekannten, der uns seine Schätze aus der Zeit der Borgward Ära zeigt. Der erste Camping-bus von Borgward und die letzte Großlimousine P 100 6 Zylinder, 1959-1961 gebaut.

Fragt man sich nach der Ausfahrt: Alles nur Schall und Rauch? Mitnichten. Es bleiben wieder wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse und die Gewissheit: Eine Ausfahrt mit dem SL ist immer etwas Besonders.

Leo Trentmann