Keine Feier ohne Meyer

Ausfahrt des RT 28 zur Papenburger Meyer Werft und die Umgebung

Was sagt uns der Name Meyer? Zunächst: Es gibt viele davon in Deutschland. Genauer gesagt in dieser Schreibweise über 80.000 Personen und mit diversen Schreibweisen über 260.000 Personen. Dritter Platz in der Namensliste. In Norddeutschland und speziell im Emsland verbindet man damit häufig die Werft in Papenburg. Diese wurde als Familienbetrieb im Jahr 1795 von Willm Rolf Meyer gegründet als Schiffszimmerei. Der Zusammenschluss mit dem Industriellen Ludwig Barth verknüpfte die Werft mit einer Eisengießerei und legte damit den Grundstein für einen modernen Schiffbau; weg vom Holz hin zum Eisen. Nach dem Ausstieg von Barth nennt sie sich bis heute Jos.L.Meyer Werft. Was gibt es nun zu feiern und warum ist Meyer immer dabei und was hat das mit unserer Ausfahrt zu tun? Meyer feiert regelmäßig den Stapellauf eines riesigen Kreuzfahrtschiffes z.B. der Royal Caribbean Linie, der Disney Linie, der Aida-Flotte oder anderer Reedereien mit tausenden Menschen am Emsdeich. Wir feiern nachträglich 30 Jahre RT 28 und da ist uns das größte Trockendock der Welt genau der richtige Ort. Wir sind eben genauso traditionsgebunden mit unserer weltoffenen Marke Mercedes-Benz.

Um uns der Meyer Werft als Musterbeispiel für Industriegeschichte zu nähern, führte uns der Weg durch schöne Landschaften zunächst ins Museumsdorf (Freilichtmuseum) nach Cloppenburg, gegründet 1922. Mit Zerstörung im 2. Weltkrieg und Wiederbelebung in den 60er Jahren zeigt das Museum Bauten vom 16. Jahrhundert bis in die Neuzeit, besonders hervorstechend sind die Hofanlagen wie Quatmannhof oder die Wehlburg. An diesen Beispielen lässt sich das Leben und Arbeiten in vergangenen Zeiten gut nachvollziehen. Nach so viel Historismus tat ein kleiner Schluck aus der Berentzen Brennerei gut, um das Gesehene angemessen zu verarbeiten. Diese Brennerei liegt in Haselünne, also auf dem Weg nach Papenburg, und sollte wegen der Erfindung des Apfelkorns und dem damit verbundenen kometenhaften Aufstieg dieses Unternehmens nicht ausgelassen werden. 2024 lag der Umsatz bei über 180 Millionen Euro. Die Firma existiert bereits seit 1758, aber erst die Erfindung des Apfelkorns 1976 brachte den durchschlagenden Erfolg und die Positionierung als einer der größten Spirituosenhersteller Deutschlands. Nach einem entspannten Abend ging es am nächsten Tag zum ersten Highlight der Ausfahrt.

Die Besichtigung der Meyer Werft war für alle beeindruckend, faszinierend und in Worte kaum zu fassen. Zwei Kreuzfahrtschiffe zeitgleich in Bau, die Technik des Elementbaus im Außenbereich, die Laserschweißanlage, die Kabinenproduktion im Minutentakt, dies alles wurde uns mit Herz und Freude vorgetragen. In Filmen konnten wir den Schiffbau Stück für Stück nachverfolgen.  Der Modellbereich gibt eine Übersicht über die bereits produzierten Schiffe sowie einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung. Der Gigantismus dieses Besuchs fand sein Kontrastprogramm in der Altstadt von Leer. Schmale Ziegelhäuser, ruhige enge Straßen, keine Maschinen oder kastenartige Gebäude, die zum Himmel aufragen, rundum entspanntes Leben im Stadtkern. Wir lernten das berühmte Weinhaus Wolff in einem der ältesten Häuser der Stadt (Haus Samson) kennen. Das Haus Samson wurde 1643 mit der heutigen Fassade versehen und spiegelt die Einflüsse niederländischer Architektur und Baukunst wider. Das Rathaus der Stadt gibt Paaren mit seinem repräsentativen Trauzimmer ein angemessenes Ambiente. Das Versammlungszimmer im Obergeschoss mit seinem Tonnengewölbe, ebenso elegant und beeindruckend in der Ausgestaltung, sollte den Entscheidungsträgern der Stadt einen würdigen Rahmen für ihre Arbeit bieten. So intensiv konfrontiert mit der Geschichte Leers, stiegen wir in unsere Fahrzeuge, um über schmale Wege entlang von Kanälen zu unserem zweiten Highlight zu gelangen: Das Dorf bzw. die Festung Bourtange. Diese liegt in den Niederlanden, ist nur zwei Kilometer von der deutschen Grenze entfernt und wurde 1580 auf Befehl von Wilhelm I. von Oranien in einer Sternform errichtet. Die Kriege der damaligen Zeit (80jähriger Krieg, 30jähriger Krieg und der schlesische Krieg im 18.Jahrhundert) setzten der Festung heftig zu, sie wurde jedoch nie erobert. 1851 wurde sie militärisch aufgegeben. Wir trafen auf einen Herrn im gesetzten Alter mit braunem Samtumhang und Federhut. Mittelalterlich gekleidet, erläuterte er uns durchaus humorvoll den Werdegang und Niedergang sowie die Wiedergeburt der Festung, so wie sie heute besucht werden kann. Bourtange ist immer noch ein Dorf, in dem gelebt und gearbeitet wird, obwohl der Tourismus hier einen Brennpunkt gefunden hat. Das trifft besonders auf den Weihnachtsmarkt und die vorweihnachtliche Zeit zu. Tausende Touristen strömen in das Dorf und berauschen sich an der Farbenpracht der Illumination, des Weihnachtsbaums auf dem Marktplatz im Zentrum und den zahlreichen Buden und Geschäften. Mit vielen Eindrücken und Erlebnissen auch kulinarischer Art ging unsere Entdeckungsreise, ausgehend von der Meyer Werft, zu Ende.

Vielleicht feiert ja der eine oder andere im Traum die Verschiffung seines SL auf eines der eleganten Kreuzfahrtschiffe, um über den Atlantik in eine neue Welt zu fahren, offen oder geschlossen. Begleiter bei dieser Abschiedsfeier natürlich Herr Meyer.

Ganz herzlichen Dank für Organisation und Ausarbeitung dieser Jubiläumstour an Rolf-Dieter Gross und Manfred Schnese.

Dr. Leo Trentmann